Definition

Geschlechtsspezifische Gewalt

Sexuelle Belästigung, sexistische Anmache, sexualisierte Grenzverletzungen und Übergriffe, Stalking, frauen- und lgbtiq(1)-feindliche Beschimpfungen und Angriffe, Vergewaltigung, FGM/C (2), geschlechtsangleichende Operationen von intersexuellen Kindern, Partnerschaftsgewalt, sexualisierte Gewalt gegen Kinder, Zwangsprostitution, Menschenhandel … geschlechts­spezifische Gewalt hat viele Gesichter!

Geschlechtsspezifische Gewalt bezeichnet alle Formen von Gewalt gegen Menschen auf Grund ihrer Geschlechtszugehörigkeit. Sie wirkt gegen die geschlechtliche und/oder sexuelle Selbstbestimmung und umfasst alle Handlungen, die zu körperlichen, sexuellen, psychischen oder wirtschaftlichen Schäden oder Leiden führen.

Geschlechtsspezifische Gewalt reproduziert ein gesellschaftliches und strukturelles Machtverhältnis, sie wirkt nicht nur individuell, sondern stabilisiert dieses Machtverhältnis zwischen den Geschlechtern. Aus diesem Grund betrifft geschlechtsspezifische Gewalt zum überwiegenden Teil Frauen, Mädchen, nicht binäre und intergeschlechtliche Menschen sowie Menschen die nicht heterosexuell und/oder nicht cis-geschlechtlich(3) sind. Auch cis-geschlechtliche Männer und Jungen werden Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt, sie sind jedoch deutlich seltener und nicht strukturell betroffen. Geschlechtsspezifische Gewalt wird nicht ausschließlich, aber zum überwiegenden Teil von Männern gegenüber Frauen, nicht binären Menschen und auch gegenüber anderen Männern ausgeübt. Das heißt auch Frauen können Täterinnen sein.

Studien zeigen, dass etwa 40 Prozent der Frauen in Deutschland seit ihrem 16. Lebensjahr körperliche und/oder sexualisierte Gewalt erlebt haben. Und etwa jede vierte Frau hat Gewalt durch aktuelle oder frühere Beziehungspartner erlebt. Frauen erleben Gewalt vor allem im sozialen Nahraum und zunehmend auch im digitalen Raum. Bestimmte Gruppen von Frauen, vor allem Frauen, die von Mehrfachdiskriminierungen betroffen sind, wie zum Beispiel Frauen mit Behinderungen oder geflüchtete Frauen, erleben diese Formen von Gewalt noch sehr viel häufiger.

Um geschlechtsspezifische Gewalt wirksam zu bekämpfen, ist es notwendig, umfassende Maßnahmen zur Prävention von und zum Schutz vor Gewalt auf rechtlicher, gesellschaftlicher und sozialer Ebene zu gewährleisten. Dies beinhaltet zum Beispiel ein ausreichendes Angebot von Beratungsstellen, Frauenhausplätzen und Therapiemöglichkeiten ebenso wie eine flächendeckende Täter*innenprävention und Empowermentangebote.

Am 1. Februar 2018 ist in Deutschland das „Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt”, die sogenannte Istanbul-Konvention Kraft getreten, die neben Prävention, Schutz und Strafverfolgung die Sammlung statistischer Daten und die systematische Erforschung geschlechtsspezifischer Gewalt rechtsverbindlich regelt. Die Gleichstellungsstelle für Frauen hat in diesem Rahmen gemeinsam mit den städtischen Referaten und Vertreter*innen von Fachstellen und -einrichtungen einen Aktionsplan gegen geschlechtsspezifische Gewalt erarbeitet, der vom Münchner Stadtrat im März 2022 beschlossen wurde.

(1) lgbtiq: lesbian, gay, bisexual, trans*, inter, queer: lesbisch, schwul, bisexuell, trans*, inter, queer
(2) FGM/C: Female Genital Mutilation/Cutting: weibliche Genitalverstümmelung/-beschneidung
(3) Cis-geschlechtlich bezeichnet Menschen, deren Geschlechtsidentität übereinstimmt mit dem Geschlecht, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde. Das Gegenteil von cis ist trans*, damit werden Menschen bezeichnet deren Geschlechtsidentität nicht mit dem Geschlecht, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde, übereinstimmt.